Sprengel Bardenitz / Sprengel Dobbrikow

Bardenitz Dobbrikow Felgentreu Frankenförde Hennickendorf Kemnitz Klausdorf Pechüle
Orte   Bardenitz · Berkenbrück · Dobbrikow · Felgentreu · Frankenförde · Gottsdorf · Hennickendorf · Kemnitz · Klausdorf · Nettgendorf · Pechüle · Zülichendorf
VeranstaltungenPredigtenGemeindebrief
Predigten
Amtseinführung
Ostern 2009
Heinrich Vogel '09
Heinrich Vogel '10
Predigt zu 1. Joh 4,7–12 am 28.8.2010 in Dobbrikow zum Heinrich-Vogel-Gedenken
Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe. Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden. Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben.
Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.
Liebe Gemeinde!
Die Liebe, von der hier die Rede ist, findet man in der christlichen Gemeinde. Nicht in jeder, sondern in derjenigen christlichen Gemeinde, die nach dieser Liebe fragt, nach ihr sucht, an sie glaubt und sie zur Tat werden lässt. Heinrich Vogel hat sein ganzes Berufsleben lang darum gekämpft, dass diese Liebe sich wirklich in den christlichen Gemeinden findet und dass sie dort nicht in Schatztruhen verschlossen bleibt, sondern in die Welt hinausgetragen wird. Er wusste sehr gut, dass man das Vorhandensein dieser Liebe nicht organisieren, nicht planen, nicht erzwingen kann. Diese Liebe kann man nur predigen, erhoffen, erbitten. Man kann nicht nach ihr bohren, auch gedanklich nicht. Man kann sie nicht in einem Labor zusammenmixen. Man kann sie aus nichts herauspressen, weder aus toter noch aus lebendiger Materie. Sie ist niemals einfach da. Sie muss Einzug halten. Sie muss Leiden tragen. Sie muss von Gott sein.
Im letzten Jahr hörten wir, was Frau Henning gesagt und aufgeschrieben hat: Es war der Heilige Abend 1941. Keiner wusste, kommt heute ein Pfarrer und wenn ja, wer? Die Kirchenbänke waren voll besetzt. Nur Kerzenbeleuchtung. Ein Pfarrer schreitet den Mittelgang zum Altar. Unbeschreibliche Stille. Heinrich Vogel steht vor dem Altar. Als erstes Wort von ihm: „Meine geliebte Gemeinde!“ Selbst die Gegner, die auch in der Kirche saßen, konnten sich damals vermutlich nicht der inneren Bewegung dieses Augenblicks entziehen.
Wir alle sehnen uns nach solchen Augenblicken innigster Verbundenheit. Die Frage ist: Muss ein Pfarrer erst unschuldig inhaftiert werden wie damals, dass eine Gemeinde zusammenhält, dass sie füreinander einsteht, dass sie die eigenen Interessen hinten anstellt? Es ist heute eine andere Zeit, aber eines bleibt immer gleich. Erst das Überhandnehmen der Lieblosigkeiten zwingt den Menschen in die Entscheidung: Auch lieblos leben oder jetzt erst recht lieben? Gott will, dass wir lieben! Während wir noch überlegen, ob wir oder ob wir nicht lieben, hat er bereits einen Ort geschaffen, an dem Gottes Liebe da ist und wirkt – die christliche Gemeinde.
Sind wir überhaupt schon angekommen in der christlichen Gemeinde? Das nämlich ist die Voraussetzung dafür, dass wir selbst von der Liebe berührt werden, von der hier die Rede ist. Wer sich auf den Weg macht, die christliche Gemeinde kennen zu lernen, der wird sich bald darüber wundern, dass er da nicht auf der Insel der Seligen ist. Wir Christen sind ja auch selbst noch tief drin in den Lieblosigkeiten, die wir oft genug mit kleinlichen Liebeserweisen tarnen. Heinrich Vogel schaute sehr genau hin, wenn es um die Christen ging. In einer Predigt über die Liebe Gottes fragte er seine Hörer: „Nicht wahr, sie ist wirklich nicht vergleichbar mit dem, was wir Liebe nennen! Lieben wir nicht immer das, was uns gefällt, das, was uns passt, was uns dem Blute oder dem Geiste nach verwandt ist? Lieben wir nicht immer so, dass wir auf die Gegenliebe warten, um dann nur allzu schnell uns enttäuscht zu fühlen?! Suchen wir nicht in unserm Lieben auf tausend Umwegen immer noch uns selbst? Und selbst noch, wo wir Gott zu lieben meinen, lieben wir nicht doch uns und unsere Seligkeit?“
Gott musste eine ungeheure Mühe aufwenden, um seiner Liebe Einlass in unsere harten Herzen zu verschaffen. Er musste seinen Sohn Jesus Christus drangeben, damit seiner Gemeinde überhaupt erst der Unterschied zwischen Gottes Liebe und menschlicher Liebe bewusst wurde. Es waren ja nicht seine Gegner, sondern seine Jünger, die Jesus das Blaue vom Himmel versprachen – ihn nicht zu verleugnen, mit ihm notfalls zu sterben. Es waren seine Jünger, die sich kurz vor Beginn seines Leidesweges um die ihnen angeblich zukommende Ehre stritten. Es waren seine Jünger, die es nicht fertig brachten, auch nur eine Stunde mit ihm wach zu bleiben. Es war sein Jünger, der ihn durch ein Zeichen der Liebe – einen Kuss – verriet.
Wenn wir mitten in diesen Lieblosigkeiten der Gemeinde angekommen sind und uns gerade auch über unsere eigenen entsetzen, dann ist die Stunde, in der wir uns mit der Verwegenheit des Glaubens einander das sagen, wozu der 1. Johannesbrief aufruft: „Lasst uns einander lieb haben!“ Das ist kein Trinkspruch einer Feierlaune, auch kein Programm eines Wohlfühlvereins, sondern das ist der Anfang von christlicher Gemeinde, wie Gott sie will. Es ist das Wunder, sich als von Gott geliebte Gemeinde zu erkennen, sich mit diesem Haufen zu identifizieren, der in aller Gebrochenheit und Vorläufigkeit doch „meine geliebte Gemeinde“ ist.
Gott werden wir hier auf Erden nicht sehen. Wer aber bei der Gemeinde bleibt, der wird erleben, dass Gott sie liebt, an ihr arbeitet, sie umbaut, sie neu in Form bringt, sie reformiert. Er will, dass wir sie auch lieben mit der Liebe, mit der er uns geliebt hat. Wenn wir einander lieb haben, so wird uns auch Gott lieb haben und bei uns bleiben, auch in unserer letzten Stunde.
zum Anfang